Auch nach mehreren Monaten in meinem Besitz hat sich das iPad nicht in meinen normalen Schulalltag integriert und aller Wahrscheinlichkeit nach wird es das auch nicht. Das iPad ist zumindest für mich kein Arbeitsgerät und schon gar kein Ersatz für einen Laptop. Es fehlt – neben anderen Unzulänglichkeiten – aus meiner Sicht an professioneller Office-Software sowie nach wie vor an der Druckunterstützung.

Scheinbar bringt auch iOS 4.2 hier keine Abhilfe, hat Apple doch die Unterstützung für „AirPrint“ zumindest aus dem aktuellen Update für Mac OS X wieder entfernt. Schmerzhaft vermisse ich nach wie vor eine vernünftige Dateiverwaltung bzw. eine vernünftige Anbindung an meine DropBox.

Zwar kann man alles irgendwie auf verschlungenen Wegen aus der Dropbox in irgendwelche Apps auf dem iPad bekommen – aber man bekommt die Dateien einfach nicht wieder vernünftig zurück.

Als Beispiel:

Zwar kann ich mit der DropBox-App auf meine DropBox zugreifen und dort eine Datei heraussuchen, die ich dann an die Pages-App schicken und dort bearbeiten kann, zurückschreiben in die Dropbox kann ich die Datei so aber nicht. Auch ausdrucken („Herr Dorok, haben Sie nochmal das Arbeitsblatt von letzter Stunde?“) kann ich vom iPad nicht bzw. nur über Umwege:

  • DropBox App öffnen
  • Datei aussuchen
  • Datei an PrintCentral schicken
  • Datei ausdrucken

Es sei denn, ich möchte noch etwas an der Datei ändern, dann muss ich sie aus der DropBox App suchen, an Pages senden, dort bearbeiten und dann an PrintCentral schicken um sie zu drucken. Die geänderte Datei bekomme ich aber so nicht wieder zurück in die DropBox.

Kurzum: Als Laptopersatz im produktiven Schuleinsatz eignet sich das iPad zumindest in meinem Workflow definitiv nicht.

Ich habe aber auf ganz anderem Gebiet inzwischen Anwendung für das iPad gefunden und zwar bei mir eher im Bereich „Hobby“. Es gibt nämlich mittlerweile eine stattliche Anzahl an Synthesizern, Sequencern und anderen Musikprogrammen, die auf dem iPad absolut sinnvoll einzusetzen sind und die dort sogar, bedingt durch das Multitouch-Interface, besser und intuitiver zu bedienen sind als auf einem Laptop. Hier sehe ich – und offensichtlich bin ich damit nicht alleine – ein wirklich innovatives Potential für das iPad.

Einige der Musikprogramme, die mich auf dem iPad beeindrucken, möchte ich im Folgenden gerne vorstellen.

Stepsequencer iSequence

iSequence - Stepsequencer

Eine der ersten Apps, die ich aus dem Bereich Musik für das iPad installiert habe. iSequence ist ein klassischer Step-Sequencer, der sich wunderbar eignet, um patternasierte Songs zu basteln. Einzelne Töne oder Klänge werden im Raster positioniert und mit Schlagzeugrhythmen, die natürlich ebenfalls im Stepsequencer zusammengebaut werden müssen, kombiniert. So lassen sich ganz nebenbei Songs komponieren. iSequence hat mir schon manche Stunde Spaß bereitet und ist eine Software, die ich so noch nicht auf dem Mac gefunden habe – eindeutig ein Vorteil für das iPad, das mittels iSequence zum transportablen Stepsequencer für unterwegs oder auf dem Sofa wird.

Realbook

Realbook
iReal Book

Das Realbook hat es auch auf das iPad geschafft – unter dem Namen iReal Book. Die App zeigt nicht nur alle Akkorde an, sondern kann diese auf Knopfdruck auch transponieren – sehr praktisch, wenn die Standardtonart nicht gefällt oder vom Mitmusiker nicht gespielt werden kann. Die App transponiert sämtliche Akkorde in Sekundenschnelle in die gewünschte Zieltonart. Auch das Hinzufügen eigener Songs – natürlich nur als Akkordschema ist möglich – allerdings komplett mit Wiederholungen, Klammern, etc. Die Eingabe ist ein wenig mühsam, dafür gibt es eine große Onlinecommunity, die neben Jazzsongs auch eine große Auswahl an Popsongs kostenlos bereitstellt. Die Community nutzen und die Community unterstützen (mit eigenen Songs) sollte man sich hier zum Leitspruch machen. Mit dem aktuellen Update hat die App eine Playalong-Funktion dazubekommen – ähnlich wie „Band in a Box“ spielt eine virtuelle Combo die Akkordschemata, man kann einzelne Instrumente nach Belieben ein- oder ausschalten und hat so sein ganz privates Playalong – auch für selbst hinzugefügte Songs.

iMS 20

KORG iMS-20

Als Synthesizersammler kommt man natürlich am monophonen Analogsynthesizer KORG MS-20 nicht vorbei. Einen echten MS-20 konnte ich mir bisher nicht leisten – lediglich der Miniaturnachbau aus der KORG Legacy Collection hat es in mein kleines Musikstudio geschafft. Hier kann man echte Kabel umstecken – wenn auch nur im Miniformat und am USB-Kontroller. Doch jetzt hat es der legendäre MS-20 auch auf das iPad geschafft – in einer virtuellen Version, mit der es richtig Spaß macht, Klänge zu schrauben – selbst die Patchkabel sind realistisch (und natürlich in gelb) nachgebildet und können gesteckt werden. Zusätzlich zum MS-20 bildet die App auch den – in der Ursprungsversion separat erhältlichen – Analogsequencer SQ-10 nach. Man hat also zwei Kultgeräte in einer Software vereint – und das zu einem Preis, zu dem man weder die Geräte noch ein entsprechendes VST- oder Audiounit Gegenstück für Logic oder Cubase bekommen würde. KORG geht hier eindeutig einen guten Weg – altbekannte Sequencer für kleines Geld auf dem iPad emulieren. Ich freue mich auf mehr davon!

Fazit

Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Musikprogramme, die ich auf dem iPad installiert habe – vielleicht findet sich an anderer Stelle noch einmal die Gelegenheit, darüber zu bloggen. Die drei hier genannten Apps sind jedoch für mich derzeit die innovativsten – weil sie Dinge auf dem iPad abbilden, die es so nicht auf einem normalen Rechner gibt, oder die auf einem normalen Rechner nicht so intuitiv zu bedienen sind. Es wäre schön, wenn in Zukunft auch andere Applikationen diesen Sprung schaffen würden – weg vom (schlechten) Abklatsch bereits vorhandener Desktopsoftware hin zu innovativen Konzepten, die die Möglichkeiten eines Multitouch-Gerätes sinnvoll ausnutzen. Im Anwendungsbereich ist ein Anfang hier sicherlich mit dem offiziellen Twitterclient gemacht worden. Mehr davon wäre wünschenswert. Vielleicht wird das iPad dann ja doch irgendwann ein Gerät für den Produktiveinsatz.

Musik mit dem iPad
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3 Kommentare zu „Musik mit dem iPad

  • 18. November 2010 um 21:03 Uhr
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    hi,

    ich dachte das iPad würde sich besser machen im musik- lehreralltag. hatte auch schonn immer mit dem gedanken gespielt ein iPad/WeTab/GalaxyTab zu kaufen, aber dein bericht gibt mir da ein wenig zu denken. an die leistung und einfachen möglichkeiten (unabhängig von der größe und gewicht) kommt so ein tablet natürlich an einen pc/laptop nicht dran. schade eigentlich :)

    viele grüße,
    fabian

  • 18. November 2010 um 21:09 Uhr
    Permalink

    Im Unterricht habe ich das iPad auch schon eingesetzt – als „Keyboard mit Beameranschluss“. Das ist dann gut geeignet, wenn es darum geht, musiktheoretische Grundladen (Tonleitern und Co) mit den Schülern zu besprechen. Ich habe das iPad an den Beamer angeschlossen, eine beliebige Keyboard-App geöffnet und dann z.B. Schüler Intervalle spielen lassen, die sie zuvor von anderen Schülern angesagt bekommen haben.

    Das geht aber nur, wenn das iPad einen Jailbreak hat – dann gibt es entsprechende Software, die es ermöglicht, jede beliebige App auf den Beamer zu spiegeln. Von Haus aus kann das nur ein kleiner Teil der Apps – und unter den Musikprogrammen keines, so weit ich weiß.

  • Pingback:Garageband auf dem iPad | Sebastian Dorok - Das Blog über Musikunterricht und mehr

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